Andacht
Wenn der Engel klopft: Ein Glaubensabenteuer beginnt
In der Adventszeit sind wir eingeladen, über die Bedeutung der Ankunft Christi nachzudenken. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Begegnung Marias mit dem Engel Gabriel. Ihre Reaktionen auf die Ansprache des Engels sind nicht nur für sie, sondern auch für unseren Glaubensweg heute von Bedeutung.
ERSCHRECKEN. Als der Engel Maria begrüßt, ist ihre erste Reaktion das Erschrecken (Lk 1,29). Während Zacharias bei der Ankündigung der Geburt des Johannes von Furcht überwältigt wird (Lk 1,12.20), bleibt Maria jedoch nicht in der Furcht stecken. Sie beginnt, über den Gruß des Engels nachzudenken und sucht nach einem tieferen Verständnis. Dieses innere Ringen zeigt, dass es in der Begegnung mit Gott nicht nur um ein einfaches „Ja“ oder „Nein“ geht, sondern um die Bereitschaft, in einen Dialog zu treten. Maria wird zum Vorbild für uns, wenn wir in unserem Glauben Fragen haben. Dabei zeigt sie uns, wie wichtig es ist, über das Wort Gottes nachzudenken und nach seiner Bedeutung für unser Leben zu suchen.
WIE? Nach der Botschaft des Engels, dass sie die Mutter des Messias werden soll, stellt Maria eine kurze, prägnante Frage: „Wie soll das geschehen, da ich doch von keinem Mann weiß?“ (Lk 1,34). Diese Frage ist kein Zweifel an der Verheißung Gottes, sondern ein ehrliches Ringen um das Verständnis des göttlichen Planes. Maria erkennt die Unmöglichkeit der Situation aus menschlicher Sicht, bleibt aber offen für das, was Gott tun kann. Hier zeigt sich, dass unser Glaube nicht immer blinde Zustimmung sein muss. Es ist erlaubt, Fragen zu stellen und nach Gottes Weg zu suchen. Der Engel erinnert Maria daran, dass „für Gott nichts unmöglich ist“ (Lk 1,37). Diese Zusage gilt auch für uns, wenn wir uns in scheinbar ausweglosen Situationen befinden.
JA! Schließlich antwortet Maria mit einem klaren Ja: „Mir geschehe, wie du gesagt hast“ (Lk 1,38). Dieser Moment ist entscheidend, denn hier zeigt sich die Kraft der menschlichen Freiheit und des Glaubens. Maria wird die Mutter Jesu, nicht nur durch das Wunder der Jungfrauengeburt, sondern auch durch ihre aktive Zustimmung. Ihr Ja ist uns Vorbild, wie wir in unserem Glaubensleben auf den Ruf Gottes antworten können. Es ermutigt uns, auch in schwierigen Zeiten auf Gott zu vertrauen und ihm zu folgen, auch wenn wir die ganze Dimension seines Planes nicht verstehen.
Nach Marias Ja geht der Engel (Lk 1,38). Die Begegnung mit dem Engel Gabriel, die Marias ganzes Leben verändert, ist zu Ende. Maria bleibt allein mit ihrem Auftrag, der alle menschlichen Möglichkeiten übersteigt. Doch sie ist nicht verlassen. Die Zusage Gottes bleibt bei ihr. Auf diese Zusage wird Maria in den kommenden schweren und dunklen Momenten in ihrem Leben immer wieder zurückblicken können: Josefs Entsetzen über die Schwangerschaft, Jesus wird für verrückt erklärt (Mk 3,21; Joh 10,20) und schließlich Jesu Tod am Kreuz.
Auch wir dürfen in unseren eigenen Lebenssituationen auf die Zusagen Gottes vertrauen. In Erschrecken und Fragen, in Zweifeln und Vertrauen hoffen wir auf Antworten. Denn auch für uns gilt: „Für Gott ist nichts unmöglich.“ Wir wissen, dass Gott uns auf unserem Weg begleitet. Gerade in der Adventszeit erinnern wir uns voller Zuversicht - wie es der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann einmal formuliert hat: „Die Herren dieser Welt gehen, aber unser Herr kommt.“ Der Engel hat es Maria verheißen: Und sein Reich wird kein Ende haben (Lk 1,33).
Heye Heikens